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Ein Fluss. Neun Städte. Hundert Kilometer.

„Köttelbecke“ wurde die Emscher bis in die 1990er Jahre genannt. Ein im Ruhrgebiet gängiges Wort für einen Fluss, in den Abwasser fließt. Warum sich die rund 100 Kilometer lange Strecke von der Quelle bis zur Rheinmündung trotzdem lohnen? Weil es eine der schönsten Radtouren durchs Ruhrgebiet ist.

Ein Wochentag im Frühsommer. Viel ist am Emscherquellhof, dem Start der Tour, nicht los. Bis zur Mündung der Emscher in den Rhein sind es 81 Fließkilometer – der Radweg ist gut 20 Kilometer länger.

Stopp 1


Zu Beginn der Reise lässt sich die Emscher meist nur zu erahnen. So klein und versteckt schlängelt sie sich ihren Weg durch Felder, Wohngebiete und Industriegebiete. Aber schon nach knapp fünf Kilometern ist sie nicht mehr unsichtbar und es wird richtig schön: In Dortmund-Aplerbeck spiegelt sich das barocke Wasserschloss Haus Rodenberg im Fluss wider, perfekt für eine Fotopause.

So romantisch wie hier war es an der Emscher nicht immer. Bevor der Fluss von der „Köttelbecke“ zum blauen Wunder wurde, strömte das Abwasser von drei Millionen Menschen hinein. Die Renaturierung begann in den 1990er Jahren, dauerte also gut 30 Jahre. Neue Kläranlagen und ein Abwasserkanal, der von Dortmund bis Dinslaken reicht, verbesserten die Situation des Flusses.

Stopp 2


Der Umbau sorgte auch für neues Leben. Dort, wo 160 Jahre lang Stahl gekocht wurde, entstand zum Beispiel das Naherholungsgebiet Phoenix See. Bis 2001 floss die Emscher unter dem ehemaligen Werksgelände, erst der Rückbau der Fabrik und die Umgestaltung des Geländes bieten dem Fluss seit 2009 ein breites Flussbett. Die Historie lässt sich auf den großen Tafeln nachlesen, die entlang des Emscherweges über die Geschichte und spannende Zukunftsprojekte informieren.

Am Westfalenstadion vorbei führt der Weg durch eine Kleingartenanlage. Dann geht’s am Westfalenpark vorbei und durch viele Unterführungen mitten durch Dortmund. Vom Verkehr der Ruhr-Metropole bleiben Radelnde verschont. Auch wenn die Stelle nicht markiert ist: an der Dorstfelder Allee endete 1983 das Leben des bekannten Journalisten und Autoren Michael Holzach auf tragische Weise. Bei dem Versuch, seinen Hund aus dem Fluss zu retten, ertrank Holzach. Damals gab es die Schilder, die vor Lebensgefahr warnen, offensichtlich noch nicht.

Stopp 3


Rund 17 Kilometer nach dem Start steht direkt neben dem Radweg etwas Ungewöhnliches: Auf einer Wiese ragt eine eiförmige Betonskulptur in den Himmel. Ein Kunstwerk, für das anzuhalten sich lohnt. Über einen Steg gelangt man hinein. Licht strömt über viele kleine Öffnungen in den Wänden ins Innere. Durch die Form und das Material begeistert das Werk, entstanden im Rahmen der Ausstellung Emscherkunst, durch die tolle Akustik. Wer es ausprobiert und im selbst erzeugten Klang innehält, versteht den Titel des Kunstwerks: „Zur kleinen Weile“, geschaffen vom Berliner Kollektiv raumlabor.

FRÜHER: STAHL UND KOHLE. HEUTE: KUNST & RAPS.

Stopp 4 und 5


Nach der inspirierenden Kunstpause geht es weiter in Richtung Herne. Die ruhige Atmosphäre der bisherigen Strecke verändert sich schlagartig. Die Tour führt nun über große Kreuzungen und stark befahrene, vielspurige Straßen vorbei an Mengede. Ab Kilometer 33 wird es wieder ruhiger und landschaftlich schöner. Die Rapsfelder neben dem Radweg leuchten gelb, oft begegnet einem auf teils schnurgeraden Wegen niemand. Bald wartet der nächste Kunst-Höhepunkt auf einen: „Walkway and Tower“ an der Stadtgrenze zwischen Recklinghausen und Castrop-Rauxel. Wer auf den gut zwölf Meter hohen Turm hinaufklettert, genießt einen recht unspektakulären Blick auf die umliegende Landschaft. Das war das Ziel des japanischen Künstlers Tadashi Kawamata: Den Blick nach innen zu richten und meditativ zu verharren.

Stopp 6


Herne ist nur 30 Minuten von dort entfernt und damit ist die Hälfte der Strecke geschafft. Nun geht es durch das Naturschutzgebiet Resser Wäldchen, bevor man kurz vor Schalke-Nord wieder auf die Insel zwischen Emscher und Rhein-Herne-Kanal gelangt. Richtig idyllisch präsentiert sich hier der Gelsenkirchener Hafen, so stellt man sich Industrieromantik doch vor, oder?

Stopp 7


Ebenfalls einen Zwischenstopp wert ist der Berne Park in Bottrop-Ebel. Die ehemalige Kläranlage wurde 1997 stillgelegt und ist heute ein umtriebiger Ort für Menschen jeden Alters. Es gibt einen Spielplatz, Café, Kunstwerke und eine wohl einmalige Übernachtungsmöglichkeit: Zu Schlafkammern umgebaute Betonröhren, die günstig gemietet werden können.

Stopp 8


Auf den letzten Kilometern zeigen Schilder, dass die Distanz zur Emschermündung stetig schmilzt. Fast scheint es, als höre man das Rauschen des Rheins bereits. An der Mündung angekommen, geht der Blick rheinaufwärts Richtung Duisburg-Walsum, rheinabwärts steht ein Kraftwerk und liefert erneut Ruhrpottromantik pur.

Eine Tour geht zu Ende, die auch gut in mehreren Abschnitten absolviert werden kann, so viel ist unterwegs zu entdecken.

PS: Wunderbare – und oft unerwartete – Aussichten gibt es überall auf der Strecke. Oder hätten Sie gedacht, dass sich dieser romantische Ausblick mitten in Dortmund findet.

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